Die Skepsis der deutschen Wirtschaft im Bezug auf den Einsatz des e-commerce scheint sich offenbar nicht auf den Bereich der Auktionen zu erstrecken. An praktisch jeder Ecke im Web entsteht beinahe im Sekundentakt ein neuer Auktionsplatz.
Zwischen den ganzen Ricardos, Alandos, etradas und wie sie alle heissen mögen ist kaum noch ein Durchkommen. Selbst der Weihnachtsmann betätigt sich offenbar in diesem Bereich. Der Webelch hat ja unter www.weihnachten.de ein speziell auf das Fest der Liebe abgestimmtes Auktionsangebot gefunden.
Aber nicht nur, das überall diese Geschäfte aus dem virtuellen Boden spriessen. Nein, es werden auch täglich neue Allianzen, Kooperationen und Fusionen angekündigt, vollzogen oder abgeblasen. Schon so mancher kleiner Webdesigner und Jungunternehmer ist durch das Verkaufen seines Auktionslädchens (das wahrscheinlich nie Gewinne abgeworfen hat) praktisch über Nacht zum Millionär geworden.
Klar, da versucht so mancher glücklose Glücksritter auf diesen Zug zum Reichtum aufzuspringen. Online-Auktionäre gehen an den Neuen Markt. Und schwupps schon ist die Firma mit ihren 10 Mitarbeitern, 3 Rechnern und nie vorhandenen Gewinnen mehr wert als so manches Traditionsunternehmen. Das hier – wie auch bei anderen Aktien von Internetunternehmen – nicht mehr wirtschaftliches Kalkül, sondern wahrscheinlich der blanke Börsenirrsinn den Kurs steuert ist klar.
Die rechtlichen Aspekte des virtuellen Versteigerns sind auch nur in Ansätzen überprüft. Der Verkauf fabrikneuer Überschußware in einer normalen Auktion ist ja auch nicht so ohne weiteres möglich. Oft betreiben die Auktionshäuser im Internet unter der Überschrift Auktion mehr einen virtuellen Ramschladen für den Abverkauf fabrikneuer Ware. Ob und wie da Haftung, Zahlungsverkehr oder Garantieansprüche gelten und durchsetzbar sind ist momentan meist noch völlig im Nebel des Cyberspace.
Der Verkauf von Privat an Privat hat eigentlich auch nicht viel mit Auktion zu tun. Hier spielt sich das klassische Handeln ab, wie auch im Kleinanzeigenteil der Zeitung. Dort haftet die Zeitung ja nun nicht für das Bezahlen, Liefern oder den zustand. Ein Online-Auktionshaus tritt aber massiv und mit Einsatz der gesamten dahinterstehenden Technik in Erscheinung. Auch hier tut eine endgültige Rechtsprechung not.
Die hin und wieder durch die Presse geisternden Meldungen von in Amerika zu versteigernden Babys, Nieren oder Hitlerknochen werden sicherlich auch bald über deutsche Auktionsanbieter zu schreiben sein. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Auktionshäuser im Netz auch wieder schliessen. Also, wer noch schnell an der Börse absahnen will sollte sich beeilen. Der User aber ist oftmals besser bedient, wenn er sich Waren in dem kleinen Onlineshop um die Ecke kauft. Dort fehlt natürlich der Reiz des Handelns und Mitbietens. Aber wozu gibt es (reale) Flohmärkte?
So, und nun zu unserem und meinem Lieblingsthema. Der Staat, die Polizei und das Internet. Felix Somm der ehemalige Geschäftsführer von Compuserve wurde ja vor einiger Zeit verurteilt, weil es über seinen Dienst möglich war in Deutschland strafbare Inhalte abzurufen.
Am 17. November hat das Münchner Landgericht diese Urteil aufgehoben und Somm endlich freigesprochen. Ein Zugangsprovider kann eben nicht oder nur in sehr begrenztem Umfang die durchgeleiteten Inhalte kontrollieren und bei Strafbarkeit der Inhalte diese sperren. Die Post ist schließlich auch nicht für in Briefen geschriebene Erpresserschreiben haftbar und mitschuldig zu machen.
Endlich wurde das Multimediagesetz auch korrekt angewandt. Natürlich ist es klar, daß ein Provider bei Kenntniss strafbarer Inhalte handeln sollte. Aber wenn es nicht geht – und im Internet kann man eben relativ schlecht die Verbreitung von Informationen jedweder Art unterdrücken – dann geht es eben nicht. Dafür aber den Provider haftbar zu machen, widerspricht den Buchstaben des derzeit geltenden Multimediagesetzes. Anders liegt hier natürlich der Fall Excite – wir berichteten – . Excite kann und muß nach Kenntnis der illegalen Inhalte diese vom Netz nehmen. Macht der Dienst dies nicht obwohl er wie z.B. Excite dazu in der Lage ist – die Daten liegen auf eigenen Servern – kann und sollte der betreffende Anbieter auch strafrechtlich verfolgt werden.
Es bleibt zu hoffen, daß nach dem Urteil im Fall Somm die Anwendung des Multimediagesetzes durch das Landgericht München Schule macht. Auch benötigt das Internet keine weiteren Gesetze oder Überwachungsinstanzen, sondern nur eine konsequente Anwendung schon bestehender Gesetze. Und natürlich die Verfolgung der richtigen Täter. Nicht der praktisch unbeteiligten Dritten. Nur so kann und wird das Internet als Quelle vielfältigster Informationen und Meinungen erhalten bleiben.