Ein rauher Wind weht bei Volkswagen; und nicht nur dort

Nach der Demontage der Arbeitnehmervertretung und des SPD-nahen Personalvorstandes nutzt der Vorstand von Volkswagen die Gunst der Stunde. Unter dem Eindruck des bevorstehenden Wahlsieges einer – in welcher Koalition auch immer zusammengesetzten – CDU-geführten Regierung wird der Umbau des Konzerns und damit zusammenhängend der Abbau der Arbeitnehmerrechte immer offener betrieben.

Felicitas hat es hier Ende August schon angesprochen. VW möchte seine Gewinne weiter steigern. Und versucht dies nach klassisch neoliberalem Rezept auf dem Rücken und aus den Geldbörsen der Arbeitnehmer zu realisieren. Die Produktion eines geplanten neuen Modells kann angeblich nur dann in Wolfsburg aufgebaut werden, wenn die Arbeitnehmer bereit sind auf einen Teil ihres Lohnes zu verzichten und länger zu arbeiten. 1000 Euro mehr Gewinn pro Fahrzeug sollen schon in der Produktion erzwungen werden.

Mittlerweile hat man im Vorstand von VW die Schraube eine Umdrehung weiter angezogen. Alle Arbeitnehmer sollen aus dem mit der Gewerkschaft ausgehandelten Haustarif herausgekauft und NUR zu den weitaus ungünstigeren Bedingungen der 5000×5000 Initiative weiterbeschäftigt werden. Eigentlich war diese Initiative dazu gedacht langjährig Arbeitslose wieder über die Förderung durch geringe Lohnkosten in das normale Arbeitsleben zu integrieren. Nun wird diese Konstruktion genutzt, um die regulären langjährig beschäftigten Arbeitnehmer bei VW zu erpessen. Schon mit dem – jetzt zur Disposition stehenden – Haustarif haben die Arbeitnehmer grosse auch finanzielle Vorleistungen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze geleistet. Der übliche Dank der deutschen Industrie folgt also nun. Es wird weiterer Lohnverzicht und diesmal auch noch eine Verlängerung der Arbeitszeiten gefordert. Natürlich alles mit den Hinweis, daß es ansonsten noch schlimmer kommt und nur durch diese neuen Massnahmen die Arbeitsplätze gesichert werden könnten.

Wie wir mittlerweile alle schmerzhaft in den letzten Jahren erfahren konnten, handelt es sich hierbei um eine glatte Lüge. Alle ausgehandelten Kostensenkungen und Verzichtsvereinbarungen der Arbeitnehmer hatten bislang lediglich eine Folge: Die Gewinne der Unternehmen sprudeln noch kräftiger. Solche Vereinbarungen unsd Massnahmen werden von Unternehmensseite nur solange eingehalten und für gut befunden, bis man es für angebracht hält noch einen weiteren Verzicht der Arbeitnehmer einzufordern.

Augenscheinlich halten die Vorstände der deutschen Grossunternehmen diese Zeit nun für gekommen. Nach der Wahl wird eine Regierung – egal ob Schwarz-Gelb, Ampel oder sonst etwas – den neoliberalen Kurs fortsetzen und verstärken. Die letzten Massnahmen der Rot-Grünen Regierung wurden zwar gerne mitgenommen, reichten zur Maximierung der Gewinne aber offensichtlich nicht aus. Das auch VW durch die seit der letzten Gesetzesänderung einseitig von den Arbeitnehmer getragenen Kosten des Krankengeldes profitiert, scheint nicht auszureichen. Die gemeinsame Finanzierung der Sozialversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde damit schon stillschweigend aufgekündigt. Nun wird eine weitere Runde des Lohnverzichts eingeläutet.

Egal ob Haustarif bei VW, Ausbildungspakt, Umschichtungen in der Finanzierung der Sozialversicherung oder Kürzung von Leistungen. Keine der Massnahmen in den letzten Jahren hatte den von Regierung und Unternehmern versprochen Erfolg der Schaffung neuer oder wenigstens der Sicherung vorhandener Arbeitsplätze. Lediglich die Gewinne der Unternehmen wurden gesteigert. Die Arbeitslosenzahlen sinken nicht und die Binnennachfrage bricht immer weiter ein. Ein Teufelskreis, der auch nicht durch weiteren Lohnverzicht und weitere Einschnitte durchbrochen werden kann.

In einem Interview in der letzten „Welt am Sonntag“ stellt der Vorstandsvorsitzende von VW ganze Werke und somit Zehntausende Arbeitsplätze zur Disposition. Er ist der Meinung, daß der derzeit gültige Haustarif die Produktion jedes neuen Modells in den VW-Werken in Deutschland verbietet. Eine noch offensichtlichere Drohnung kann es nicht geben. Somit sind hier bei uns in der Region die Arbeitsplätze in den VW-Werken in Wolfsburg, Braunschweig, Salzgitter, Hannover und Emden akut gefährdet. Für die Beschäftigten bleibt nur die vermeintliche „Lösung“ auf die Forderungen des Vorstandes einzugehen. Dabei hat man auch bei VW schon die hausgemachte Krise der Binnenkonjunktur erkannt. Der neue Geländewagen – der ursprüngliche Aufhänger der ganzen Diskussion – ist hauptsächlich für Märkte ausserhalb der Bundesrepublick gedacht. Natürlich, welcher Mitarbeiter von VW oder anderen deutschen Grossunternehmen ist nach all diesen Zumutungen der letzten Jahre auch noch in der Lage ein solches 30.000 Euro Fahrzeug zu erwerben.

Übrigens möchte nicht nur VW weitere Gewinnsteigerungen auf Kosten der Belegschaft realisieren. Auch bei Siemens stehen wieder ganze Unternehmensteile und somit Zehntausende Arbeitsplätze unter der Kritik des Vorstands. Erst vor wenigen Monaten haben die Arbeitnehmer einer Verlängerung ihrer Arbeitszeiten und somit einer Verringerung ihres Lohnes zugestimmt. Diese Massnahme sollte der Standortsicherung dienen. Ein typisches neoliberales Lippenbekenntniss. Mittlerweile werden weitere Kürzungen verlangt, um die Schliessung dieser „unrentablen“ Werke und somit den Abbau dieser Arbeitsplätze zu verhindern.

Unter dem Eindruck all dieser Entwicklungen der letzten Wochen, Monate und Jahre wird es Zeit, daß alle linken und sozialen Kräfte in der Gesellschaft zusammenarbeiten und gemeinsam einen tragfähigen Gegenentwurf zu diesem neoliberalen Irrsinn entwickeln. Mit dem bevorstehenden Einzug unserer Kandidaten in den Bundestag haben wir dort die Möglichkeit unsere Ideen als sinnvolle Alternative zu präsentieren. Lasst uns gemeinsam mit allen linken Parteien, den Gewerkschaften und den Arbeitnehmern in diesem Land daran arbeiten in Zukunft auch in den Landesparlamenten und in den Kommunen eine starke, linke und demokratische Kraft dauerhaft zu etablieren.